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in die Berge

19 Okt
grosses und kleiner Ararat

der kleine und der grosse Ararat

der Ararat

weil es so ein schoener Berg ist, hier nochmal der Ararat in Nahaufnahme

Nach nunmehr ueber 2 Wochen zu zweit radfahren musste ich mich erstmal ans alleine sein gewoehnen.  Die ersten zwei Tage brauchte ich um umzuschalten, seitdem gehts deutlich besser.  Hat auch ne Menge Vorteile alleine zu fahren, man faehrt so schnell man gerade will, macht ne Pause wenn man Bock drauf hat usw.  Sind aber ein paar eher einsame Tage gewesen, ausser ein paar Verkaeufern in eher unattraktiven Doerfern gibts da unterwegs nicht viel Leute zu treffen.

Leider liegen die meisten Sights, was ja meistens entweder Kirchen, Kloester oder alte Festungsruinen sind, nicht direkt an der mehr oder weniger einzigen Hauptstrasse die so Richtung Sueden fuehrt.  Sondern man muss immer 10 bis 20 oder mehr Kilometer so eine Art Stichstrasse in die Berge fahren, und da dann natuerlich auch wieder zurueck.  Und das wegen einer Kirche, die wahrscheinlich nicht so viel anders ist, als die anderen Kirchen?  Bisher hab ich mir das immer erspart, aber deswegen gabs auch nicht so wahnsinnig viel zu sehen ausser eben Landschaft und Berge.

Aber grosse Freude gemacht hat mir der Ararat am ersten Tag suedlich Yerevans.  Nachdem der sich ueber eine Woche komplett in Wolken versteckt hatte, war ausgerechnet an dem Tag, an dem ich losfuhr perfekte Sicht, und der Kerl hatte anscheinend in den letzten Tagen eine schicke neue Schneehaube bekommen.  So solls doch sein.

Strasse nach NovarankAnsonsten gibts einfach nur unendlich viele Hoehenmeter, nach dem Pass ist immer auch irgendwie vor dem Pass.  In den Bergen oben ist es durchaus als eher kuehl zu bezeichnen, das kaelteste war bisher morgens 1 Grad im Zelt.  Dafuer gibts hin und wieder doch ne aufmunternde Begegnung, etwa der Bioprofessor aus Yerevan, der netterweise englisch sprach und anhielt, als er mich im Schneckentempo den Berg hochschrauben sah, und mir ein paar leckere Weintrauben schenkte.  Die natuerlich sofort verstoffwechselt wurden.

Ein neues Allzeit-Geschwindigkeits-Maximum hab ich auch: 79,7 km/h!  Bei Rueckenwind, gerader und glatter niegelnagelneuer Strasse und natuerlich steil bergab.  Ich gebe zu, hinterher hab ich mal 2 Sekunden ueber einen Helm nachgedacht.  Und mich geaergert, weil ich die 80 nicht geknackt habe.  Ein paar Tage spaeter traf ich zwei Franzosen die auch per Rad unterwegs sind, und die fuhren, wie ich eben spaeter erst erfuhr, hinter mir, und der Typ hat an der gleichen Stelle, 1 Stunde spaeter, tatsaechlich 80,4 oder so geschafft.

Strasse nach Jermuk

Einen Abstecher hab ich doch gemacht, in ein Nest namens Jermuk, bekannt fuer seine zwei Skiabfahrten und fuer seine Mineralbaeder.  Das wollte ich mir nun doch geben, so ein heisses Bad, das waere genau das Richtige nach den kalten Tagen.  Und so fuhr ich also die 25km und 750 Hoehenmeter ordentlich den Berg hoch, um dann da anzukommen und wofuer?
Der Ort erinnert etwas an Karlovy Vary, jedenfalls muss er zu Sowjetzeiten mal ein wirklich exklusiver Kurort gewesen sein.  Heute stehen da ne Menge grosse Gebaeude leer, es erinnert etwas an den Weissen Hirsch in Dresden.  Und ich also rein in das Sanatorium, alles ganz edel und ganz schnieke.  Eine gelangweilte Aerztin mit laufenden Fernseher und Kreuzwortraetsel auf dem Tisch nahm mir ganz gewichtig den Blutdruck.  Und dann kam ich, von Schwestern in blauen Kitteln geleitet in so ein 2m hoch gefliestes Zimmer und darin stand – eine Badewanne.  Da durfte ich dann 10 Minuten lang mit Sanduhr drinne rumliegen.  Besonders mineralisch hat das Wasser nicht geschmeckt, aber truebe wars, wie seit 2 Wochen nicht gewechselt.  Super, 10 Minuten Badewanne fuer ca. 4 Euro und fuer 4 Stunden bergauf und 50km extra!  Sanatorien sind was fuer Leute, die nicht krank sind und sich trotzdem gern von Aerzten bemutteln lassen.  Und die definitiv zu viel Kohle haben.

Schlammstrasse

Soll ich, oder soll ich nicht? Ich soll nicht!

Ein weiterer Grund fuer dieses Nest war ein in der Karte eingezeichneter „Weg“ ueber die Berge nach Nagorny Karabach, den ich mir ueberlegt hatte zu nehmen.  Nach ewigen Rumfragen und nachdem mir jeder gesagt hatte die Strasse gaebe es gar nicht und gefaehrlich und ueber die Grenze usw. hat mir dann wer den Weg gezeigt.  Und danach hab ich mich entschieden doch die asfaltierte Hauptstrasse zu nehmen, siehe Bild.  Ist eine doofe Entscheidung, aber ich hab weich gemacht und ihr duerft mir die Freundschaft kuendigen.  Aber sich mit dem schweren Rad stundenlang durch den Schlamm wuehlen, ohne Wegmarkierung, bei Regen?  Nee, danke, hatte ich schon, ich weiss, das tut einfach nur weh.

Grabstein fuers Auto

an dieser Stelle kurz vor dem Abhang hat jemand seinem Auto einen Grabstein gesetzt

Was auch gar nicht geht ist in den hiesigen Restaurants essen zu gehen.  Die sind immer eingedeckt als waere Hochzeit und Weihnachten zusammen, so mit verschiedenen Glaesern und verschiedenen Bestecken, Tischdecke, Servietten usw. Und das immer an Tischen wo mindestens 10 Leute sitzen koennen.  Und wenn man sich dann so verstohlen an einen Platz setzt, kommt man sich echt vor wie eine Dampflock in der ICE-Waschanlage.  Wenn dann noch eine fuerchterlich laut uebersteuerte Band fuerchterlich schlechte Musik spielt und dann so Mittfuenfziger enthusiastisch tanzend reinkommen, dann kann man einfach nichts anderes tun als schnellstens zu fluechten.  Dann lieber selber kochen vorm Zelt.

Tokio Hotel ist out

Sieht ganz so aus als waere Tokio Hotel inzwischen langsam out

Immer wieder fragen die Leute wo man so herkommt.  Und sobald sie das Wort „Germania“ hoeren sagen alle Maenner, dass sie schon mal da waren, und dann zaehlen sie die Staedte auf wo sie schon waren: Magdeburg, Quedlinburg etc.
Haeh?  Die halbe in der DDR stationierte sowjetische Armee muss aus Armeniern bestanden haben!  Sagen aber alle: „Deutschland, gute Leute“.  Nur irgendwie erwiedern die Deutschen diese Liebe nicht, im Gegenteil, ich glaub so richtig beliebt waren die sowjetischen Soldaten nicht bei uns.

deutsches Auto

man sieht staendig deutsche Gebrauchtwagen, gerade Kleinbusse und Lieferwagen sind sehr beliebt

Ansonsten gibts ein paar recht lustige Woerter im russischen.  So heissen die oertlichen Minibusse „Marshrutka“. Das kommt von dem aus dem Deutschen uebernommenen Wort „Marschroute“, auf russisch „маршрут“, also „marschrut“.
Oder gestern meinte einer, weil an seinem Auto was kaputt gegangen war, irgendwas von dem „Schlamassel“, was mich echt hat grinsen lassen. 

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3 Comments

Posted in Armenien

 

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  1. luc and ingrid

    20. Oktober 2010 at 09:07

    Hi Michael!
    Hope it won’tl be too hard for you to get out from Karabah but with this nice weather, no problem….
    We leave from Goris today and we let you the glue in Kristy hotel which is a good place comparate to Stepanakert hotel!
    Hope see you in Iran for riding together and sure you will pass us quickly.
    Have a good time.
    Luc and Ingrid

     
  2. d.h.

    25. Oktober 2010 at 13:29

    Ich kam in den Genuss über dem „Ararat“ zu wohnen, der Duft war nach zwei Jahren nicht mehr auszuhalten,besonders im Sommer. Der Weg in und aus dem Tal war einfach, wir hatten nen Lift…

     
  3. Martin

    14. Januar 2011 at 08:22

    Hey Lolli,
    hab gestern grad Dein Blog wieder entdeckt.
    Saugeile Reise!
    Viel Glück und gutes Durchkommen!
    ciao, Martin

    PS: Mein 72er Jiretin-Geschwindigkeitsrekord steht bis heute. 😉