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in den Emiraten – Ankunft in Sharjah

13 Jan

Fahrt schneller!  Heizt eure Wohnungen!  Kauft mehr irische Butter!  Je mehr Oel wir verfeuern, umso besser gehts den Leuten hier unten am Golf.  Ich steige aus der Faehre und krieg den Mund nicht mehr zu, staunend und fassungslos fahre ich durch die Stadt.  So muessen sich die Ossis 1989 in Westberlin gefuehlt haben.

Sharjah

Sharjah

Sharjah

Nein, das ist nicht Dubai, das ist Sharjah, eine kleinere Stadt etwa 20km noerdlich.

Unigebaeude

Geschmack haben sie - eines von vielen Gebaueden der Uni

Es sieht hier genau so aus, als wenn jemand Civilisation extrem erfolgreich gespielt haette.  Ein Meer aus Wolkenkratzern durchzogen von perfekten Strassen gesaeumt von gruenen Wiesen und Palmen, dazu ein paar gelegentliche Fussgaenger aber vor allem ne Menge grosser, sauberer, moderner Autos. Der Verkehr summt eher als dass er roehrt.  Englisch ist hier die gaengige Umgangssprache, ich kann mit allen reden!  Alles ist neu, die ganze Stadt wurde quasi innerhalb der letzten 40 Jahre gebaut.  Dazu perfekt sommerliches Wetter ohne zu heiss zu sein – also die Welt ist gerade wunderschoen.

Ist ja auch leicht, koennte man denken, mit unbegrenzten Credits, um mal in der Spielewelt zu bleiben, baut ja jeder easy seine Traumstadt.  Ist aber nicht ganz so einfach, auch Iran oder etwa Nigeria haben ne Menge Oel, aber irgendwie sieht die Welt bei denen ganz anders aus.  Vor allem haben die Araber etwas, was man auch fuer viel Geld nicht kaufen kann, und das ist Geschmack. Man kann eine Stadt natuerlich mit neuen modernen Gebaeuden zupflastern, aber ueblicherweise kriegt man davon nen Augenschaden wegen Haesslichkeit.  Das geht mir hier gerade gar nicht so, irgendwie sieht alles auch noch nach was aus.

Staendig stehen so ein paar indische oder pakistanische Gaertner am Strassenrand und zuppeln da was am Rasen rum.  Ist auch sinnvoll hier alles entweder zuzubetonieren oder eben mit Gras zu bepflanzen, weil ansonsten fliegt einen der Sand um die Ohren.  Nichtmuslimische Frauen duerfen auch ohne Kopftuch rumlaufen und das sieht man auch sehr haeufig.  Tut gut, ein sehr willkommene Abwechslung.  Viele Laeden sind 24 Stunden offen und das Strassenbild ist bunt gemischt, 80% der Bevoelkerung sind Auslaender.  Niemand fragt mich mehr woher ich komme, hier ist sowieso jeder von irgendwoher.  Wenn es noch eines Beweises gebraucht haette, dass multi-kulti ein Erfolgskonzept ist, dann waere der hiermit erbracht.

Ich musste mich erstmal wieder an die Existenz von Ampeln und Vorfahrsregeln gewoehnen.  Hier wird tatsaechlich vorm Kreisverkehr gewartet und nicht einfach geradezu reingefahren und gedraengelt und genoetigt was das Zeug haelt.  Autos haben hier Bremsen, Richtungen fuer Fahrspuren haben eine Bedeutung.  Auf einmal bin ich wieder der Rowdy.
Ausser ein paar einzelnen Pakistanis faehrt hier auch absolut niemand mit dem Fahrrad, das gibts hier schlicht nicht.  Ich seh hier mit meinem staubigen Rad zwischen den ganzen dicken glaenzenden Kisten aus wie ein Dominikanermoench beim Besuch beim Papst.  Voellig schraeg.

.im Hostel in Sharjah

hinten der Algerier, links der brasilianische Fussballer, rechts der filipinische Verwalter - und eine ungemein soziale Atmosphaere

Derzeit penne ich in der Jugendherberge hier, die Nacht im 3er-Mehrbettzimmer  fuer 14 Euro, das ist fuer die Gegend hier geradezu geschenkt.  Bin auch der einzige Tourist in der Butze, alle anderen wohnen da mehrere Wochen bis Monate und haben hier irgendwas zu arbeiten.  Ist ne einzigartige Truppe:
Da haetten wir den philippinischen Hostel-Angestellten, der hockt von morgens bis spaet abends vor seinem Laptop und skypt staendig mit wem auf spanisch, u.a. mit seiner Frau, die derzeit in Hongkong ist.
Dann waere da noch ein brasilianischer Fussballspieler, der beim oertlichen Team hier in Sharjah unter Vertrag steht, vorher hatte der fuer ein Team in Costa Rica gekickt.  Besonders dicke Kohle scheint er nicht zu verdienen, sonst waere er nicht im Hostel.  Es scheint bei Fussballprofis auch so eine Art Lumpenproletariat zu geben, die so von Saison zu Saison weiter ziehen und dabei grad so um die Runden kommen.
Gestern schlief da noch ein Geschaeftsmann aus dem Sudan, der in drei Tagen mit dem Auto von Khartoum ueber Saudi-Arabien hierher gefahren war.  Ausserdem noch ein Belgier marrokanischer Abstammung der hier irgendwas mit Import-Export macht und ein Algerier, mit dem ich leider kein Wort wechseln kann, weil der nur arabisch und franzoesisch kann.

Sharjah

dieses Foto heb ich mir fuers naechste Klassentreffen auf

Das wars, 5 Leute bei 32 Betten, und das sind die mit Abstand billigsten Betten in der ganzen Stadt.  Es scheint keinerlei Bedarf fuer preisguenstige Uebernachtungen zu geben.  Jedenfalls bin ich der einzige Tourist im Hostel und es sieht auch nicht so aus, als ob es andere Low-Budget-Traveller gaebe.  Der Lonely Planet ist voller Beschreibungen diverser Resorts und 5-Sterne Hotels, das ist hier einfach die normale Art der Uebernachtung.  Es gilt also mal  ein ganz neues Abenteuer zu bestehen:  Ueberleben mit endlichen Ressourcen in einer Welt, die man nur mit Gasmaske betreten koennte – wenn Geld stinken wuerde.
Aber es gibt Hoffnungsschimmer.  Essen ist, dank der vielen indischen und pakistanischen Cafeterias, die vor allem fuer die eher schlechter bezahlten Gastarbeiter da sind, durchaus bezahlbar, eigentlich guenstiger als in Deutschland.  Eintrittsgelder sind ziemlich guenstig.  Hauptproblem sind  Uebernachtungen.  Das geht in den lausigsten Buden ab 50 Euro die Nacht los, das waere aber schon ein Ausnahmepreis nach unten.  Also viel zelten, wenig duschen.  Nicht so schlimm, da waere ich auf jeden Fall fuer den naechsten Polizeikontakt gewappnet.

Oelplattform

So sieht eine Gelddruckmaschine aus - Oelplattform im Hafen

Ajman

nochmal 10km weg, die naechste Stadt, Ajman, das ist wohl die Hauptstadt eines der aermsten der Emirate

Al-Hisn Fort

Historisches gibts irgendwie auch - zwischen Apartmentblocks und Kleinwagen.

Spenden

Als guter Moslem soll man natuerlich spenden. Das kann man hier auf etwas elegantere Art erledigen.

Souk

der Zentralmarkt

Patenbrigade

der Rasen waechst nicht von alleine

Imbissbude

Zum essen faehrt man mit seinem Auto zur Imbissbutze. Bleibt aber sitzen, hupt, kommt der Pakistani rausgesprattelt, nimmt die Bestellung und bringt den Mampf ins Auto.

Dubai am Horizont

am Horizont - das ist Dubai

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  1. Luc and Ingrid

    23. Januar 2011 at 13:11

    Vunderbach!
    We guess you enjoyed Iran as us!
    Shame that we didn’t meet again…
    Was it not too cold at the end?
    And what’s your plan now?
    Hope see you in Dresden! Maybe we’ll pass there to come back in France in two months…
    Auf viedersen,
    Luc und Ingrid